Es soll ja noch immer Unternehmen geben, die nicht Kunde bei Creditreform, Bürgel oder anderen Auskunfteien sind. Ein Grund hierfür mag sein, dass bislang alle Kunden pünktlich zahlen und nähere Informationen somit unnötig erscheinen. Oder man möchte die hiermit verbundenen Kosten nicht aufwenden. Oder die Qualität/Aktualität der Auskünfte entsprach nicht den Erwartungen und man hat daher bestehende Verträge wieder gekündigt.
Ist man hierdurch von allen Informationen über die Geschäftspartner abgeschnitten? Oder gibt es andere Möglichkeiten, sich über Kunden und Lieferanten zu informieren? Ist man bei der Bewertung von Ausfallrisiken ausschließlich auf Gespräche mit den Unternehmensvertretern angewiesen bzw. kann man nur die eigene bisherige Geschäftsbeziehung bewerten?
Mitnichten! Der elektronische Bundesanzeiger kann diese Informationslücke – zumindest teilweise – schließen. In Deutschland sind alle Kapitalgesellschaften (GmbH´s, AG´s) sowie Personengesellschaften ohne natürliche Person als persönliche haftendem Gesellschafter (z.B. GmbH & Co. KG´s) verpflichtet, ihren Jahresabschluss im Bundesanzeiger zu veröffentlichen. Im Internet sind diese Informationen unter www.unternehmensregister.de zu finden. Erleichterungen bei der Veröffentlichung gibt es für Klein- und Kleinst-Gesellschaften.
Die Daten müssen spätestens 12 Monate nach Ende des Geschäftsjahres veröffentlicht sein, ansonsten drohen Bußgelder. Erfahrungsgemäß werden positive Zahlen früher veröffentlicht als diejenigen Jahresabschlüsse, die Verluste oder schlimmstenfalls bereits ein negatives Eigenkapital ausweisen. In diesem Fall nimmt man auch schon mal ein Bußgeld in Kauf, um schlechte Zahlen möglichst lange unter der Decke zu halten. Ein erstes Indiz also auf eine möglicherweise schlechte Bonität, wenn veröffentlichungspflichtige Informationen auf sich warten lassen.
Selbstverständlich sind die Auskünfte von Wirtschafts-Auskunfteien wesentlich umfangreicher. Sie enthalten in der Regel detailliertere GuV- und Bilanzzahlen, Angaben über das Zahlungsverhalten sowie Hinweise zur Geschäftsführung und – je nach Abonnement – auch Informationen über die Gesellschafterstruktur und Konzernverflechtungen. Aber nicht immer sind diese Informationen notwendig.
Ein Praxisfall aus der aktuellen Woche:
Der Vertriebsmitarbeiter eines Mandanten hatte Kontakt zu einem potentiellen neuen Kunden aufgenommen. Nach einem erfolgreichen Verkaufsgespräch mit dem Einkäufer und einem positiven Eindruck vom Geschäftsführer kam kurz darauf eine Anfrage über ein äußerst attraktives Volumen. Die Lieferung sollte kurzfristig erfolgen, da man selbst angeblich unter einem hohen Lieferdruck stand.
Bei der rountinemäßigen Überprüfung des potentiellen Neukunden im Unternehmensregister wurden dann folgende Daten ermittelt:
- Negatives Eigenkapital: über 2,0 Mio. €
- Verbindlichkeiten: über 7,0 Mio. €
- Umlaufvermögen: rund 2,4 Mio. €
- davon liquide Mittel: lediglich 34 T€
Auch wenn die Daten aus dem Jahresabschluss zum 31.12.2015 stammen, dürfte bei diesem Unternehmen eine Lieferung nur gegen Vorkasse angebracht sein, oder? Und damit wäre der Zweck einer solchen Überprüfung erfüllt. Auch ein Creditreform-Rating dürfte zu keinen anderen Ergebnissen kommen.
Zugegeben – nicht immer sind die Angaben und damit die Schlussfolgerungen so eindeutig. Aber jeder Eintrag erzählt eine Geschichte, die manchmal sehr aufschlussreich sein kann.
Wenn Sie also keiner Auskunftei angeschlossen sind, nutzen Sie auf jeden Fall das Unternehmensregister. Es kann Sie vor manchem Schaden bewahren!
Und nicht vergessen: auch Bestandskunden sollten regelmäßig überprüft werden. Wirtschaftliche Verhältnisse können sich schnell ändern! Auch wenn bislang das Zahlungsverhalten unauffällig ist, könnte Ihnen ansonsten die eine oder andere Überraschung drohen…!
Thomas Winkler
Geschäftsführer MMC