Traditionell sind in Südwestfalen, also vor allem im Sauer- und Siegerland, aber auch im Bergischen Land und in Teilen des Ruhrgebietes, viele Automobilzulieferer ansässig. Dies umfasst neben der Elektro- und Kunststoff-verarbeitenden Industrie vor allem auch die Metallverarbeitung.
Diese Industriezweige haben in den Jahren seit der Krise ein rasantes Wachstum erlebt. Umsätze und Gewinne sprudelten gleichermaßen. Wenn man die Jahre des Aufschwungs zusammenzählt, kommt man auf sieben „fette“ Jahre. Wir wollen an dieser Stelle nicht auf den biblischen Rhythmus verweisen und ein Untergangsszenario heraufbeschwören. Vielmehr möchten wir den Blick auf eine absehbare Entwicklung richten, die für viele Unternehmen, insbesondere der Metallverarbeitung, eine gewaltige Herausforderung bedeuten wird!
Durch die wohl bekannten globalen Entwicklungen – politische und soziale Veränderungen sowie vor allem ökologische Aspekte – wird die Automobilindustrie in den kommenden Jahren gravierende Umwälzungen erfahren! Weltweit bekommt das Thema Elektro-Mobilität eine zunehmende Bedeutung. Auch wenn bei uns Elektro-Autos noch immer nicht die vor einigen Jahren prognostizierte Dominanz haben, wird sich dieser Trend weltweit nicht mehr aufhalten lassen. China, man höre und staune, ist hier einer der Vorreiter, und auch in Skandinavien ist man erheblich weiter als in Deutschland.
Welche Auswirkungen wird also dieser Trend für die heimische Industrie haben?
Da der Elektroantrieb kein Getriebe benötigt, werden verschiedene Bauteile künftig einfach überflüssig. Motor und Getriebe eines konventionellen Fahrzeugs bestehen aus 1.400 Teilen, bei einem Elektromotor sind es nur noch 200 Teile. Dies bedeutet, dass vor allem den klassischen Bearbeitungsverfahren, z.B. dem Zerspanen, eine deutlich geringere Bedeutung zukommen wird. Ohne in Panik zu verfallen muss daher vermutet werden, dass der heimischen Industrie das Wegbrechen ganzer Geschäftsfelder droht.
Es soll an dieser Stelle nicht unerwähnt bleiben, dass es auch Studien gibt, die darauf hindeuten, dass stattdessen an anderer Stelle zusätzlicher Bedarf für Produkte aus der Metallverarbeitung entsteht. Aber selbst dann ist zumindest mit deutlich veränderten Anforderungen zu rechnen.
Ob nun der komplette Wegfall von Geschäftsbereichen oder „nur“ drastisch veränderte Anforderungen: sind Sie hierauf vorbereitet? Gibt es „Think-Tanks“, die sich mit möglichen Entwicklungen beschäftigen? Haben Sie bereits Szenarien für Ihr Unternehmen entwickelt? Sind entsprechende Annahmen in Ihr Risiko-Management eingeflossen? Gibt es Ideen für alternative Geschäftsfelder?
Unsere Erfahrung ist, dass sich die heimische Wirtschaft noch viel zu wenig mit solchen Gedanken beschäftigt. Es ist wie immer: solange alles gut läuft, fehlt der Handlungsdruck! Wenn sich die Entwicklung dann aber beschleunigt, fehlt die Zeit.
Meistens verdrängt das Alltagsgeschäft solche eher strategischen Überlegungen. Aber langfristige Zukunftssicherung erfordert die gedankliche Vorwegnahme von möglichen zukünftigen Entwicklungen. Auch wenn nachher eventuell Vieles anders kommt: „Augen zu und durch – es ist noch immer gut gegangen“ ist sicherlich die falsche Herangehensweise.
Wir möchten Sie ermuntern, sich die Zeit zu nehmen und Ihren Führungskreis um sich zu scharen. Diskutieren Sie ohne Tabus mögliche Entwicklungen vor dem skizzierten Hintergrund. Dieses zeitliche Investment wird mit Sicherheit in Zukunft eine gute Rendite abwerfen. Legen Sie sich einen Plan zurecht. Und stellen Sie heute die Weichen für eine weiterhin erfolgreiche Zukunft! Die Industrie in Südwestfalen sollte an künftigen Chancen partizipieren und nicht Leidtragender von Veränderungen werden. Dieser Wandel muss aber aktiv gestaltet werden, um Zukunftsfähigkeit sicherzustellen.
Thomas Winkler
Geschäftsführer MMC