Was Unternehmen vom Profisport lernen können (Teil 1)

Sowohl wissenschaftliche Studien, als auch unsere Beratungspraxis zeigen es immer wieder deutlich: ohne klare Ziele und eine darauf abgestimmte Strategieentwicklung werden mittelständische Unternehmen im immer dynamischeren Wettbewerbsumfeld das Nachsehen haben.

Aber wie lässt sich das ändern? Wie lassen sich motivierende Ziele finden und diese durch eine entsprechende Strategieentwicklung erreichen? Wie können diese Strategien durch passende Maßnahmen im operativen Tagesgeschäft umgesetzt werden?

Hervorragende Beispiele, wie solch eine Strategieentwicklung gelingen kann, finden sich im Profisport, z.B. im Fußball. Das Schöne daran: diese Beispiele sind leicht nachzuvollziehen und gut übertragbar auf die Geschäftswelt. Sie sind kein Fußballfan? Macht nichts – die Ideen werden trotzdem einleuchtend sein. Und vielleicht schauen Sie sich bei nächster Gelegenheit ja mit dem hier vermittelten Hintergrundwissen doch einmal die Bundesliga an. Man lernt nie aus!

Ehre, wem Ehre gebührt – beginnen wir mit dem zweifelsfrei erfolgreichsten Verein der Bundesliga – dem FC Bayern München.

Selbstverständnis

Beim FCB ist man überzeugt, dass man einzigartig ist (“Mia san Mia”). Im Deutschen Frußball sieht sich der FCB als das Maß aller Dinge, europa- bzw. weltweit zählt man sich zu den Top Clubs. Dies gilt nicht nur sportlich, sondern auch wirtschaftlich. Durch hervorragende Geschäftszahlen und ein solides Finanzpolster grenzt man sich von vielen anderen Vereinen ab.

Vision

Dieser Status soll nicht nur kurzfristig bewahrt, sondern auch langfristig erhalten bzw. weiter ausgebaut werden. Daher sind die beschriebenen Aspekte auch Bestandteil der langfristigen Vision des FC Bayern. Laut Uli Hoeneß möchte man wieder die Champions League gewinnen, finanziell aber nicht von Investoren abhängig sein, die “heute in Fußball und morgen in Pferde investieren”.

Diese Langfristziele fungieren als Leitlinien für das Handeln der Clubführung und sind die Grundlage der konkreten Saisonziele.

Saisonziele

Welche Saisonziele gibt es? Nun, einerseits will man selbstverständlich jedes Jahr die deutsche Meisterschaft gewinnen. Idealerweise auch den DFB-Pokal. Und in der Champions League spielt man selbstverständlich um die europäische Trophäe mit. Klares Ziel auf dieser Ebene ist zumindest das Erreichen des Halbfinals, besser noch die Teilnahme am Finale der Elite-Liga.

Diese sportlichen Erfolge tragen dann automatisch dazu bei, dass auch die wirtschaftlichen Ziele erreicht werden können.

Strategien zur Zielerreichung

Um diese sportlichen Ziele zu erreichen, muss man sicherstellen, dass auch das Team höchsten Ansprüchen genügt. Um über Jahre hinweg Meisterschaft und Champions League zu erreichen, wird ein Team von Top-Leuten benötigt. Hierzu gehören Spieler, Trainer, medizinische Betreuer und Manager.

Personal- und Transferstrategie

Oftmals wird den Bayern vorgeworfen, dass sie in der Bundesliga “wildern” und alle guten Spieler durch hohe Gehaltsangebote von anderen Top-Clubs abwerben. Natürlich ist das so. Aber natürlich passt dies auch optimal zur langfristigen Vision eines Rekord-Meisters, der weiterhin regelmäßig “die Schale” gewinnen will. Sich selbst stärken und damit den Wettbewerb schwächen – eine legitime Strategie, die jedes Unternehmen in der Wirtschaft anwendet, sobald ein Headhunter eingeschaltet wird, um gute Mitarbeiter von der Konkurrenz abzuwerben.

Gleichzeitig gelingt es dem FC Bayern mit dieser Vorgehensweise auch, das eigene Merchandising zu unterstützen und so weitere Umsatzquellen zu erschließen. Insbesondere dann, wenn internationale Top-Stars verpflichtet werden können.

Trainer und Spieltaktik

Das eigene Selbstverständnis, die sportliche und finanzielle Überlegenheit gegenüber anderen Teams, muss sich auch in einer entsprechenden Spieltaktik niederschlagen. Dominanz ist das Stichwort! Hierzu benötigt man einen Trainer, der diese Spielweise verkörpert. Pep Guardiola oder Jupp Heynckes waren z.B. Trainer, die auf Ballbesitz und Spielkontrolle setzten. Zudem besitzen beide natürlich die notwendige internationale Erfahrung und ein entsprechendes Charisma, um auch die Champions League gewinnen zu können.

man kann den FC Bayern mögen oder nicht – aber das gesamte Geschäftsmodell ist von den eigenen Ansprüchen und Werten bis zu den konkreten Vorgaben auf dem Rasen perfekt durchdekliniert. Ein Musterbeispiel also für jedes Wirtschaftsunternehmen.

Sobald in dieser Kette jedoch ein Bruch entsteht, besteht die Gefahr, dass die kurz- und langfristigen Ziele nicht erreicht werden können. Erste Probleme zeigten sich in der Saison 2018/19, als die bisherige Strategie geändert wurde. Man hat sich in der Sommerpause kaum mit neuen, frischen Spielern verstärkt. Zudem hat sich das Spielsystem verändert. Die Dominanz im Spiel lässt gegenüber früheren Jahren zu wünschen übrig, die konstant soliden Ergebnisse der Vergangenheit bleiben (zumindest teilweise) aus. Am Ende hat man jedoch in die Erfolgsspur zurückgefunden und die Saison mit dem “Double” abgeschlossen. Für die Spielzeit 2019/20 wurden wieder mehr Spielereinkäufe getätigt, ohne jedoch die Transferaktivität der Vorjahre wieder zu erreichen. Es wird spannend sein, wie sich die weitere Entwicklung darstellt.

Wie sieht Ihr System aus?

Woran soll sich Ihre Mannschaft orientieren? Definieren Sie, welche Positionierung Sie langfristig für Ihr Unternehmen anstreben und richten Sie dann Ihre Organisation darauf aus. Mit welchen Produkten wollen Sie in welchen Märkten, bzw. bei welchen Kunden erfolgreich sein? Wie muss dafür Ihre Produktion aussehen? Welches Portfolio an Handelsprodukten benötigen Sie? Und wie können Sie Ihre Verwaltungsprozesse möglichst effektiv und effizient gestalten?

Strategische Planungen erfolgen in der Regel abseits des Alltagsgeschäfts. Das heißt, Sie müssen sich entsprechende Freiräume schaffen. Dies erfordert immer einen zusätzlichen Aufwand. Aber der lohnt sich, wie wir anhand des obigen Musterbeispiels eindrucksvoll erkennen können.

Im zweiten Teil besprechen wir eine alternative Strategieentwicklung am Beispiel eines weiteren erfolgreichen Vereins. Hier geht es zum Artikel

 

Thomas Winkler
Geschäftsführung MMC